Nachdem ich den dreieinhalbstündigen Flug mit zwei stärkenden Abendessen, vier Kaffee’s, drei Biers, zwei Rotweingläsern, dem aktuellen James Bond Film und einem neuen luxuriösen Kopfkissen (Als Ersatz für mein Keazerfetztes Kissen) gut hinter mich gebracht hatte ging es in Sydney mit all meinem Gepäck (20kg Houlbag, 30kg Tasche mit Chrashpad auf nem Trolli, 5kg Handgepäckrucksack und meine Fototasche) weiter in Richtung Hauptbahnhof. Etwa 15 Minuten Fußmarsch von dort, in einem alten Warenhaus, befindet sich ein kleiner Boulderraum den mir James, den ich zufällig ein paar Tage vor meinem Flug getroffen hab, als Übernachtungsmöglichkeit angeboten hatte.
Nach diesem Gewaltmarsch ging es für mich nur noch in den nächsten Supermarkt, etwas Essen für den nächsten Tag besorgen und ab ins Bett. Leider blieb es nicht dabei … eine einzelne blöde Stechmücke genoss es mich zu malträtieren ohne sich dabei erschlagen zu lassen, also blieb mir nichts anderes übrig als mein Zelt aufzubauen.
Meine Unterkunft (Links hinten auf der Matte hatte ich mein Zelt aufgebaut)
Am nächsten Tag ging es zusammen mit James und einem weiteren Kollegen in die Balkans im Norden von Sydney. Stolze 34°C präsentierte uns das Thermometer – Top Boulderbedingungen! Also am Straßenrand geparkt, Wasserflasche am nächsten Gartenschlauch aufgefüllt, ab in den Hinterhof und dort ins Gestrüpp: Schlagartiger Wandel von Wohngebiet in dschungelartiges Gelände. Zwei Minuten Laufzeit bis zu den ersten Sandsteinblöcken und das Schweißtropfend! Später fand ich mich mit meiner seit langem schwersten V5 (~ fb 6c/7a) konfrontiert: Dem Superclassic „Sloper-Dan Milosevic“, einem sloprigen Wettrennen gegen die Schweißtropfen auf der Hand. Nach einigen Versuchen hatte ich die Züge so optimiert dass ich den Boulder ziemlich am Limit klettern konnte. Der 5 Züge längere V9 (~ fb 7c) Sitzstart gelang mir bis knapp vor den V5 start, aber selbst wenn ich den Zug noch hinbekommen hätte hätte ich leider noch die weltschwerste V5 dranhängen müssen, diesmal nichteinmal mehr für den ersten Zug Chalk habend …
In den Tagen danach war ich meistens den halben Tag mit Bouldern beschäftigt (Länger haben die Finger und der Körper bei der Hitze eh nicht durchgehalten) und die zweite Hälfte mit Sight-Seeing: Im Queenspark gelang mir eine schnelle Begehung von „Paul’s Roof“, V9, einem ziemlichen Giggerle (Giggerle = Ziemlich leicht). Eine Crux war den optimalen Platz auf dem Betonweg für das einzelne Crashpad das ich dabei hatte zu finden, eine weitere Crux war es während dem Klettern die Tatsache zu ignorieren, das die Chance das Pad nach einem gescheiterten Versuch zu treffen bei etwa 50% lag. Bei kühlen Bedingungen wäre der Boulder wohl deutlich leichter gewesen, aber mit immernoch stolzen 27°C und ziemlich hoher Luftfeuchtigkeit kann das durchaus seine Richtigkeit gehabt haben.
Dem Sight-Seeing fiehlen die berühmte Oper, die botanischen Gärten, der Hafen von Sydney und die Stadt im allgemeinen zum Opfer, alles in Laufreichweite von meinem aktuellen Zuhause.
Sydney’s berühmtes Opernhaus
Am Wochenende durfte ich dann zum erstenmal mit Bahn und Bus ins wahrscheinlich berühmteste Bouldergebiet Sydney’s fahren: Sissy’s Crag, mehr oder weniger die lokale Boulderhalle, in der sich jede menge Sydneyaner ausgetobt haben und dementsprechend gibt es auch 5x soviele Boulder wie es eigentlich geben kann (Mal nen Griff wegdefiniert, mal kein Hooken erlaubt, …).
Der Durchstieg des Classics „Mr. Smiley“, V5 war mir leider nicht vergönnt (Abflug am letzten Zug :-() .. irgendwann hatte ich keine Lust mehr meinen Finger am ersten Zug einzuquetschen und war gerade schon am Zusammenpacken und siehe da … wer kommt an den Fels marschiert? Vijay, aus Texas, kennengelernt in Hueco Tanks, nun selbst mit seiner Freundin auf Weltreise (Von ihm hatten wir uns in Hueco ein Luftgewehr ausgeliehen um auf Hasenjagd zu gehen).
Er hatte vor die letzten zwei Stunden bevor die Sonne in die Wand kommt zu nutzen um „Silent Bob“, V10 (~ fb 7c+) zu klettern, dementsprechend konnte ich nach der knallharten V5 auch nicht wiederstehen und ratzfatz begann ich am Cruxzug zu fallen (Ohne den einen schweren Zug ist der Boulder maximal noch V7 (~ fb 7b) …). Leider war es uns beiden an dem Tag nicht mehr vergönnt den letzten Zug hinzubekommen (Auch nicht als Einzelzug), aber hochmotiviert wurde der Plan geschmiedet am nächsten Morgen in der Früh weitere Go’s zu setzen. Um Bahngebühren und Zeit zu sparen blieb ich die Nacht im 5 Minuten entfernten Haus von Vijay’s Gastgeber (Einem anderen Kletterer, den er in Hueco Tanks getroffen hat) und am nächsten morgen ging es verbissen an Durchstiegsversuche. Wir waren beide so knapp dran, aber schließlich musste Vijay aufgeben und gehen um nach seiner nicht kletternden, daheimgebliebenen Freundin zu schauen. Mir blieb jedoch noch etwas zeit bevor mich James wieder aufgabeln wollte um mir noch weitere Gebiete zu zeigen. Schließlich hatte ich endlich die Abschlussleiste in der Hand, flog dann jedoch noch beim zurückpendeln ab. Etwas Pause, nächster Go, Durchstieg! Jipii, meine dritte fb7c+!
„Silent Bob“, V10 (~ fb 7c+) an Sissy’s Crag, Sydney
Zusammen mit James ging es dann weiter in die Tambourine Bay wo wir einen sehr coolen V9 Bug probierten und später dann in die Fear Factory, wo ich mit Happy Volk, einem ehemaligen Bewohner des Donautal’s, verabredet war.
Nach einer Rundtour durch das Gebiet, inkl. Besichtigung der Blöcke auf der anderen Flussseite die mittlerweile, 3 Jahre nach einem Brand, leider wieder vollkommen zugewachsen sind, ging es an die Klassiker des Gebiets: Die „Frankenstein“-Kante, Vo (~ fb 3), den „Fear Factor“-Highball, V1 (~ fb 5) und die mir am abend deutlich zu harte „Pizzarete“, V8 (~ fb 7b+). Nach einem guten Abendessen bei Familie Volk und einer kurzen Präsentation der Bilder unserer Reise ging es dann mit der letzten U-Bahn zurück in die Boulderhalle im Zentrum.
Warten auf den Bus zusammen mit Vijay aus Texas
Für den nächsten Tag stand die Weiterfahrt per Bahn in die Blue Mountains auf dem Programm, das Wiedertreffen der restlichen Truppe.
Begrüßt wurde ich gleich mit einem leckeren Kangaroofleisch Barbeque im Haus einer der Lokals und einem nicht mehr stoppenden Regen. Tom, Vera und Stefan (Chris hatte sich bereits verabschiedet und das Ende seiner Weltreise erreicht) hatten den nächsten Tag eh als Ruhetag eingeplant und Chris Münch, den wir bereits in Neuseeland getroffen hatten konnte sich vor lauter Regen nicht motivieren an die Diamond Falls, einem der vielen Felsen dort, zu marschieren nur um dann beschissene Bedingungen vorzufinden. Zur meiner Überraschung hatte er sich für den Tag mit Mike aus Canada verabredet, mit dem ich in Castle Hill 2 Wochen am Bouldern war – ich hatte ihn bereits im Flieger heim erwartet, aber er musste wohl noch etwas Zeugs, das er bei Kumpels in den Blue Mountains gelagert hatte, einsammeln. So geschah es letztenendes dass ich meinen ersten Tag in den Blue Mountains in einer der vielen kleinen Boulderhallen der Lokals verbrachte.
Herrlichstes Wetter in den Blue Mountains, Blick von der Wave Wall ins Tal
Der nächste Tag war dann zum Glück wieder dem Fels gewidmet. Der Regen hatte zwar nicht ansatzweise nachgelassen aber Tom hatte seinen Ruhetag hinter sich und war motiviert an der berühmten Wave Wall mit „Micro Wave“, 30 (8a+ ~ 10-) eines von zwei letzten Projekten abzuschließen. Auch Vera war mit daheim. Da nun mit mir endlich wieder eine gute Kamera im Lande war und sie doch unbedingt Fotos aus ihrer ersten 26 (7b+ ~ 9-), „Smoked Mussels“ brauchte. Sie beließ es jedoch nicht auf Grad 26, kurz vor meinem eintreffen konnte sie mit „Mr. Magoo“ an den Diamond Falls noch ihre erste 27 (7c ~ 9) klettern!
Vera in „Smoked Mussels“, 26 (~ 7b+), ihrer ersten 9-!
Nach einem Warmup-Flash der Route „Jaqueline Hyde“, 24 (7a ~ 8) machten mir meine gepumpten arme Bewusst, dass ich wie stark angenommen keinerlei Ausdauer und Kletterfluss mehr hatte. Macht aber nichts, bin ja nen Boulderer! Drum fiehl mir „Smoked Mussels“, 26 nach einem knapp gescheiterten Flash-Go im zweiten Versuch zum Opfer, die fehlende Ausdauer mit purer Kraft ausgleichend. Tom gelang es im quasi letztmöglichen Go des Tages „Microwave“ zu bezwingen dann ging es auch schon wieder an den Rückmarsch, rund 20 Minuten Marsch durch Nasses Gestrüpp und knapp an Wasserfällen vorbei. Wobei uns die Wasserfälle auch nicht mehr Nässer hätten machen können bei dem herrlichen Regenwetter …
Ich in „Smoked Mussels“, 26 (7b+ ~ 9-)
Am Abend wurden weitere Pläne geschmiedet: Ein weiterer Tag in den verregneten Blue Mountains (Zeit für Tom’s letztes Projekt), dann Abfahrt in die Grampians. Der Umweg über Nowra und Point Perpendiccular wurde gestrichen, da es dort ähnlich stark Regnen sollte. Mittlerweile hatte ich auch eine eMail von Greg aus Neuseeland erhalten, er wäre gerade in Sydney gelandet und würde gerne mit uns in die Grampians runterfahren. Mit starken Zweifeln ob es möglich ist 5 Personen, 4 Crashpads (Jups keine 5! Stefans Crashpad wurde eines Abends von besoffenen Sydneyanern am Campground als Brennholz verwendet) und ganz schön viel Gepäck in unseren zum Glück recht großen Ford Futura Combi zu zwängen, antworteten wir ihm schließlich das es mit einer Chance von ~40% hinhauen könnte, und es wohl geschickter wäre wenn er per Bus dort runterfährt. In der nächste eMail am nächsten Morgen bat er uns dann ihn in 20 Minuten am Bahnhof abzuholen, er würde das Risiko eingehen zur Not zurück nach Sydney zu fahren.
Tom in „Micro Wave“, 30 (8a+ ~ 10-)
Nach einem weiteren nassen Klettertag an der Wave Wall, diesmal mit Greg, und zerfetzten Fingern hatte sich Chris zu einer Entscheidung durchgerungen: „Schluss mit Regen, ich fahr auch in die Grampians!“ Das Platzproblem war also gelöst und so ging es am nächsten morgen an die 14 stündige Fahrt nach Horsham, der von den Grampians halbstündig entfernten Stadt.
Dort hatte ich eine weitere Adresse organisiert: Eric, ein weiterer amerikanischer Kletterkollege aus Neuseeland hatte sich dort zusammen mit seiner Freundin für zwei-drei Monate eingemietet, er hochmotiviert mit uns Bouldern zu gehen, sie motiviert zum Arbeiten.